Das Extrinsische Impingement
Diese Form des Impingementsyndroms unterteilt sich wiederum in zwei Unterformen: Das Primäre und das Sekundäre.
Das klassische von Neer beschriebene Impingement ist eine Unterform des primären extrinsischen Impingements. Lange Zeit wurde das primäre extrinsische Impingenemt auch als Outlet Impingement bezeichnet.
Das Primär Extrinische oder auch Outlet Impingement der Schulter
… wenn Knochen auf die Sehnen drücken.
Im Gegensatz hierzu kommt es beim sogenannten Outlet-Impingement zu einer echten Einengung des Sehnenverlaufs.
Eine Ursache kann eine angeborene oder erworbene Verkrümmung des Schulterdaches sein. Es werden drei unterschiedliche Formen des Schulterdaches unterschieden:
- Bigliani Typ 1: Das Schulterdach steigt schräg nach oben an. Diese ideale Form gibt Oberarmkopf und Sehnen viel Platz.
- Bigliani Typ 2: Das Schulterdach weist eine leichte Bogenform auf. Hier werden die darunterliegenden Strukturen leicht eingeengt.
- Bigliani Typ 3: Das Schulterdach ist „hakenförmig“ verändert . Am vorderen Schulterdach befindet sich ein Knochensporn der die darunter liegenden Sehnen und Schleimbeutel stark drückt und reizt.
Röntgenbild Typ 2 Acromion nach Bigliani | |
Röntgenbild Typ 3 Acromion nach Bigliani, schön zu erkennen die Hakenform mit dem großen Knochensporn. |
Non-Outlet-Impingement der Schulter oder sekundär extrinsisches Impingement:
- Wenn die Muskeln nicht mehr harmonieren
Die Schulter ist ein hochkomplexes, muskulär geführtes Gelenk. Ihre Funktion und Stabilität hängen maßgeblich von der richtigen Zusammenarbeit der umgebenden Muskeln ab. Besonders wichtig sind dabei die Muskeln der Rotatorenmanschette, die den Oberarmkopf umgeben und ihn in der Gelenkpfanne stabilisieren. Diese Muskeln sorgen dafür, dass der Oberarmkopf in verschiedenen Bewegungspositionen des Arms zentriert bleibt, wodurch eine Luxation (Auskugeln) der Schulter sowie eine Einklemmung (Impingement) von Sehnen und Schleimbeuteln vermieden wird.
Wenn jedoch das muskuläre Gleichgewicht gestört ist, verliert der Oberarmkopf seine präzise Zentrierung in der Pfanne. Dies führt häufig dazu, dass der Oberarmkopf „nach oben und vorne“ gedrückt wird. In dieser Fehlstellung können Sehnen und Schleimbeutel unter das Schulterdach, das sogenannte Acromion, oder den Processus coracoideus geraten und schmerzhaft eingeklemmt werden. Anders als bei anderen Formen des Impingements, bei denen eine strukturelle Verengung des Schulterraums vorliegt (beispielsweise durch knöcherne Anbauten oder Verkalkungen), spricht man beim Non-Outlet-Impingement von einer Einklemmung ohne anatomische Veränderung oder Einengung des Sehnenverlaufs.
Ursachen und Mechanismen
Das Non-Outlet-Impingement ist typischerweise die Folge einer muskulären Dysbalance. In diesem Fall sind die Muskeln der Rotatorenmanschette, die normalerweise fein abgestimmt zusammenarbeiten, nicht mehr in der Lage, den Oberarmkopf optimal zu positionieren. Dies kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden:
- Muskelermüdung oder Schwäche, insbesondere der Rotatorenmanschette, die durch Überlastung, unzureichendes Training oder Verletzungen geschwächt sein kann.
- Muskelverkürzungen oder Verspannungen, die zu einer Fehlstellung des Schultergelenks führen.
- Dysfunktion der Schulterblätter (Scapuladyskinesie), bei der das Schulterblatt nicht mehr korrekt mit dem Oberarmkopf zusammenarbeitet. Dies kann zu einer fehlerhaften Bewegungskette und damit zu einer Überlastung der Schulterstrukturen führen.
Aktuelle Studien und Erkenntnisse
Aktuelle Forschungen haben gezeigt, dass das muskuläre Gleichgewicht und die Funktion der Rotatorenmanschette entscheidend für die Prävention und Behandlung von Non-Outlet-Impingements sind. Studien belegen, dass eine gezielte Kräftigung und Dehnung der betroffenen Muskelgruppen das Risiko für ein solches Impingement deutlich verringern kann. Insbesondere die Stärkung der externen Rotatoren und des M. subscapularis wird als besonders wichtig angesehen, um die korrekte Positionierung des Oberarmkopfes wiederherzustellen und somit die Einklemmung von Weichteilen zu verhindern.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 untersuchte den Effekt eines gezielten Schulterstabilisationsprogramms auf Patienten mit Non-Outlet-Impingement. Es wurde festgestellt, dass nach einem mehrwöchigen Trainingsprogramm sowohl die Schmerzen als auch die Funktion der Schulter signifikant verbessert wurden. Die Teilnehmer zeigten eine bessere Zentrierung des Oberarmkopfes und eine Reduktion der Einklemmungssymptomatik, was verdeutlicht, wie essenziell die muskuläre Kontrolle für die Schulterstabilität ist.
Auch in der Physiotherapie rückt das Konzept der Scapulakontrolle zunehmend in den Fokus. Studien weisen darauf hin, dass Dysfunktionen des Schulterblattes häufig mit dem Non-Outlet-Impingement assoziiert sind. Durch spezifische Übungen, die die Kontrolle und Mobilität des Schulterblattes verbessern, kann die biomechanische Belastung der Schulter optimiert und die Einklemmungssymptomatik reduziert werden.
Klinische Bedeutung
Das Non-Outlet-Impingement ist eine Herausforderung für Ärzte und Physiotherapeuten, da es keine offensichtlichen strukturellen Veränderungen gibt, die auf Röntgenbildern oder MRTs sichtbar sind. Die Diagnose erfordert daher ein tiefes Verständnis der muskulären und biomechanischen Abläufe der Schulter. Bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT können bei der Beurteilung von muskulären und sehnigen Strukturen hilfreich sein, um Begleitverletzungen wie kleine Sehnenrisse oder Entzündungen zu erkennen.
Dennoch liegt der Schlüssel zur erfolgreichen Behandlung in einer umfassenden muskulären Rehabilitation. Physiotherapie, die auf die Stärkung der Rotatorenmanschette und die Verbesserung der Schulterblattkontrolle abzielt, ist die bevorzugte Therapieform. Operationen sind bei Non-Outlet-Impingements nur selten notwendig und kommen meist nur bei therapieresistenten Fällen in Betracht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Non-Outlet-Impingement primär durch eine Dysbalance der Muskulatur verursacht wird, was zu einer Fehlstellung des Oberarmkopfes und einer schmerzhaften Einklemmung von Sehnen und Schleimbeuteln führt. Klinische Tests und Bildgebungsverfahren spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose, aber die Behandlung konzentriert sich in der Regel auf physiotherapeutische Maßnahmen, um die muskuläre Kontrolle wiederherzustellen und die Schulterfunktion zu normalisieren.