Wenn es der Schulter zu eng wird...
Der Begriff des Impingement ist dem Angloamerikanischen entlehnt und bedeutet soviel wie Einklemmung. Gemeint ist in aller Regel eine Einklemmung zwischen der Kugel des Oberarmkopfes und dem Schulterdach. Hier befinden sich Sehnen und Schleimbeutel. Neue Erkentnisse zeigen, dass die oft durchgeführte Operation mit Ausfräsen des Schulterdaches und Abtragung eines Knochensporns meist nicht notwendig ist.
Das Impingementsyndrom wurde bereits in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts erstmals beschrieben. Der Begriff des Impingements stammt jedoch aus einer Studie von Charles Neer aus dem Jahr 1972. Neer war es auch, der als Therapie, damals noch als offene Operation, das Abtragen der unteren Fläche des Schulterdaches empfohlen hat. Mit der Einführung der Arthroskopie und der Möglichkeit diesen Eingriff schonender durchzuführen, sind in den letzten Jahren die Operationszahlen explodiert. Es mehren sich aber die Hinweise darauf, dass häufig viel zu schnell oder aber das "Falsche" operiert wird. Trotzdem steigen die Operationszahlen weiter an.
Wenn man sich wissenschaftlich mit dem Thema des Impingementsyndroms beschäftigt, tun sich viele Fragezeichen auf. Die Formel: Schulterschmerz + Knochensporn auf dem Röntgenbild = Operation, wird dem Impingementsyndrom heutzutage nichtmehr gerecht. Auch wenn wir täglich aufs Neue feststellen müssen, dass diese Herangehensweise weit verbreitet ist.
Wenn man sich die aktuelle Klassifikation des Impingementsyndroms anschaut, kann man unschwer erkennen, dass die Problematik viel differenzierter angegangen werden muss. Die Grafik zeigt die verschiedenen Formen des Impingements. Jeder dieser Formen leigt eine andere Ursache zu Grunde.G
Die verschiedenen Ursachen der Beschwerden zu erkennen und die Therapie richtig zu planen bedarf großer Erfahrung. Der weniger spezialisierte Arzt, ist hier schnell überfordert.
Bisher haben wir auf unserer Webseite das Thema Impingement auf einer einzigen Seite abgehandelt. Die Vielzahl der neuen Erkenntnisse hat aber dazu geführt, dass eine einzige Seite viel zu unübesichtlich geworden ist, so dass wir jetzt nach und nach für die 3 Hauptkategorien gesonderte Seiten aufbauen werden:
Das extrinische Impingement der Schulter
Bei dieser "klassichen" Form des Impingements kommt es zur Einklemmung der Sehnen der Roatorenmanschette und des Schleimbeutels am Schulterdach oder vorne am sogenannten Rabenschnabelfortsatz des Schulterblattes, der auch Coracoid genannt wird.
Zum extrinsischen Impingement wird auch die Einklemmung gezählt, die durch einen sogenannten Knochensporn am Schulterdach ausgelöst wird. Auch die häufig von Ärzten beschriebene Situation, dass es unter dem Schulterdach zu "eng" ist, wird zu dieser Form des Impinements gezählt. Der Schultersporn oder Knochensporn des Schulterdaches ist aber nur ein Faktor von vielen, der ein extrinsisches Impingement auslösen kann, so dass diese Form des Impingements heute bereits in ein primäres und sekundäres extrinisches Impingement unterteilt wird. Weiterlesen >>>
Das intrinische Impingement der Schulter
Beim intrinsischen Impingement führen Veränderungen oder Schäden der Rotatorenmanschette zu Einklemmungen. Als Rotatorenmanschette bezeichnet man den komplex aufgebauten Muskel und Sehnenapparat, der den Oberarmkopf direkt umschließt. Wie der Name vermuten läßt, sind diese Muskeln und Sehnen vor allem für Roationsbewegungen im Schultergelenk wichtig. Neben dieser Funktion sind sie aber auch ganz entscheidend für die Stabilisierung des Gelenkes. Nur druch ein balaciertes Zusammenspiel aller dieser Muskeln und Sehnen ist es möglich den Oberarmkopf zentiert in der Gelenkpfanne zu halten. Schäden führen zu Dezentrierung des Oberarmkopfes und damit zum Impingement. Weiterlesen>>>
Das innere Impingement der Schulter
Unter den verschiedenen Impingementformen stellt das innere Impingement eine Sonderform dar. .Hier kommt es aufgrund extremer Bewegungen im Schultergelenk zur Quetschung des Sehnenansatzes der Supra- und Infraspinatzssehne durch den hinteren Pfannenrand. Ein häufiges Problem bei Überkopf- oder Wurfsportarten.
Weiterlesen >>>
Diagnostik beim Impingementsyndrom
Vor jeder Therapie steht natürlich die genaue Diagnosestellung. So unterschiedlich wie die Ursache für das Impingementsyndrom, so unterschiedlich ist auch die Therapie. Erst wenn die genaue Ursache für die schmerzhafte Einklemmung gefunden ist, kann gezielt auf das Problem eingegangen werden.
Um die genaue Ursache zu finden stehen neben der Anamnese und einer guten klinischen Untersuchung uns weiter technische Diagnostikgeräte zu Verfügung. Neben speziellen Röntgenaufnahmen zur Beurteilung der Schulter und der Form des Schulterdaches ist die Ulltraschalldiagnostik für uns in der Diagnosefindung nichtmehr wegzudenken.
Durch den Einsatz eines hochauflösenden 14 MHz 3D-Ultraschalls können wir Sehnenrisse, Schleimbeutelentzündungen, Kalkablagerungen und Flüssigkeitsansammlungen in der Schulter gut erkennen.
Im Gegensatz zur Kernspintomographie sind wir in der Lage die Schulter auch dynamisch zu untersuchen, d.h. die Funktion derSchulter und Sehnen in der Bewegung. Sollte das Ergebnis der Ultraschalluntersuchung nicht zur vollständigen Diagnosefindung geführt haben, kann als ergänzende Maßnahme eine Kernspintomographie notwendig werden.
Die Kernspintomographie (auch MRT oder MRI genannt) ist das bildgebende Verfahren mit der höchsten Auflösung, wenn es um die Darstellung von Sehnen oder Sehnenrissen geht. Wenn es jedoch um die Beurteilung eines Impingementsyndroms geht ist Vorsicht geboten:
Gerade bei der Kernspintomographie werden die gewonnen Bilder der Schulter oft überinterpretiert. Es reicht sicher nicht aus den Abstand zwischen Oberarmkopf und Schulterdach zu messen, um bei einer Abnahme des Selbigen dann die Diagnose Impingementsyndrom zu stellen. Katastrophal ist es wenn nur dieser Messewert zur Operationsindikation: „Erweiterung des Schulterdaches“ führt.
Es scheint trivial aber viele vergessen, dass der Patient bei der Durchführung einer Kernspintomographie mit angelegtem und aufliegendem Arm in einer Röhre liegt. Durch diese Lagerung wird der Schwerkrafteinfluss des Arms aufgehoben. Beim stehenden Mensch wird die Oberarmkugel durch das Eigengewicht des Arms deutlich nach unten gezogen. Es entsteht mehr Platz. Der Raum unter dem Schulterdach und damit der Abstand von Oberarmkopf und Acromion wird größer. Beim liegenden Patienten ist der Raum unter dem Schulterdach nahezu immer eingeengt. Bei muskulär gut ausgestatteten Patienten, durch den natürlichen Muskeltonus, mehr bei laxen Patienten weniger. Dies macht die Beurteilung in der Kernspintomographie sehr schwer bis unmöglich.
Trotzdem finde ich die Diagnose eingeengter Raum unter dem Schulterdach oder Impingementsyndrom auf nahezu 4 von 5 der schriftlichen kernspintomographischen Befunden. Ich habe mir angewöhnt mir immer die Bilder selbst anzuschauen, den Patienten zu untersuchen und danach meistens die schriftliche Aussage „Impingement“ nicht zu ernst zu nehmen.
Für mich ist die Kernspintomographie wichtig um andere Erkrankungen wie z.B. Sehnenrisse auszuschließen.
Die Kernspintomographie Abbildung auf der rechten Seite zeigt eine Knochenreaktion (Reizung mit Flüssigkeistvermehrung) im Ansatzbereich der Supraspinatussehne als Zeichen eines schweren chronischen Impingementsyndroms. Die Flüssigkeitsvermehrung (Ödem) wird im Bild weiß dargestellt.
Um muskuläre Ungleichgewichte besser erkennen zu können, besteht die Möglichkeit über ein Oberflächen EMG die Muskelspannungen zu messen. So können muskuläre Ungleichgewichte nachgewiesen und objektiviert werden.
Die Therapie
Wenn von der Therapie des Impingementsyndroms gesprochen wird, ist neben Spritzen in den Raum unter dem Schulterdach, häufig das Ausfräsen des Schulterdaches die Therapie die emfpohlen wird.
Bei sehr schmerzhaften Zuständen steht zunächst immer die Schmerzreduktion im Vordergrund der Therapie. Durch Medikamente und Infiltrationen in den Schleimbeutel wird versucht die Entzündung zu stoppen. Nachfolgend kann durch ein gezieltes Übungsprogramm die gestörten Muskelgruppen angegangen werden.
Sinnvolle Übungen finden Sie auch in unserer Broschüre. Die Broschüre können Sie kostenfrei von unserem Webportal herunterladen.
Ggf. wird die Effektivität der Behandlung im Oberflächen EMG kontrolliert. Mit dieser sogenannten Biofeedback Therapie kann der Patient gleich sehen ob er die Übungen richtig ausführt und ob die Muskeln angesprochen werden die zur Lösung des Problems beitragen.
Sollten erhebliche Deformitäten der Schulterform vorliegen oder bereits ein sehr chronifiziert entzündeter Schleimbeutel vorliegen, ist die konservative Therapie nicht in der Lage die Beschwerden ausreichend zu lindern. Soltten trotz korrekt durchgeführter konservativer Therapie über 4-6 Monate die Beschwerden nicht im erträglichen Bereich sein, bleibt oft als einzige Therapie die Rekonstruktion der normalen Schulterform mit gleichzeitiger Schleimbeutelentfernung.
Neben einem Typ 3 Acromion (Schulterdach) auch Schulter-Dach-Sporn genannt sind Narbenbildungen im chronisch entzündeten Schleimbeutel meist für den Mißerfolg der konservativen Therapie verantwortlich. Durch einen minimalinvasiven Eingriff, eine sogenannte Schulter Arthroskopie kann der Sporn abgetragen und der chronisch entzündete Schleimbeutel entfernt werden. In unserer Praxis wird diese Operation in 90% der Fälle ambulant durchgeführt. Unmittelbar nach der Operation kann der Arm bereits wieder bewegt werden. Belastende Tätigkeiten sollten jedoch für einige Wochen unterbleiben. Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten Patienten bereits kurz nach dem Eingriff, meist schon am nächsten Tag, deutlich weniger Besschwerden haben.