Die operative Behandlung von Schulterinstabilitäten stellt einen zentralen Aspekt in der modernen Orthopädie dar. Während konservative Maßnahmen in vielen Fällen ausreichend sind, ist bei chronischer Instabilität, wiederholten Luxationen oder signifikanten Weichteil- oder knöchernen Defekten oft ein chirurgischer Eingriff erforderlich. Dieser Artikel gibt einen detaillierten Überblick über die verschiedenen operativen Verfahren, die bei Verletzungen der Weichteile und knöchernen Strukturen der Schulter zur Verfügung stehen. Zudem werden die jeweiligen Vor- und Nachteile sowie die potenziellen Risiken der Eingriffe beleuchtet.
Behandlung von Weichteilverletzungen
Weichteilverletzungen spielen eine zentrale Rolle bei Schulterinstabilitäten, insbesondere bei Erstluxationen oder rezidivierenden Subluxationen. Ziel der operativen Therapie ist die Wiederherstellung der anatomischen Integrität der stabilisierenden Strukturen.
Arthroskopische Bankart-Reparatur
Die arthroskopische Bankart-Reparatur gilt als Standardverfahren zur Behandlung von Labrumverletzungen. Hierbei wird das abgerissene Labrum mit speziellen Ankern am Glenoid befestigt. Diese Technik wird besonders häufig bei jungen, aktiven Patienten eingesetzt, die nach einer Erstluxation eine anteriore Instabilität entwickelt haben.
Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in der minimalinvasiven Technik, die weniger postoperative Schmerzen und eine kürzere Rehabilitationszeit im Vergleich zu offenen Operationen ermöglicht. Zudem berichten viele Patienten über eine hohe Zufriedenheit und die Möglichkeit, zu ihrem vorherigen Aktivitätsniveau zurückzukehren. Dennoch weist die Methode auch Nachteile auf: Besonders bei Patienten mit zusätzlichem knöchernen Verlust oder bei Risikofaktoren wie jungem Alter, sportlicher Aktivität und Hyperlaxität ist das Risiko für Rezidivluxationen erhöht.
Behandlung der SLAP-Läsion
Eine SLAP-Läsion (Superior Labrum Anterior to Posterior) betrifft den oberen Bereich des Labrums und ist häufig bei Überkopf-Sportlern wie Volleyball- oder Tennisspielern anzutreffen. Die arthroskopische Refixation des Labrums ist das primäre Verfahren zur Behandlung, insbesondere bei jungen Patienten mit hohen sportlichen Anforderungen. Bei älteren Patienten wird häufig eine Bizeps-Tenodese durchgeführt, bei der der lange Bizepssehnenkopf verlagert wird, um die Belastung des Labrums zu reduzieren.
Die arthroskopische Refixation bietet den Vorteil einer anatomischen Wiederherstellung und kann langfristig zu einer deutlichen Stabilisierung der Schulter führen. Allerdings erfordert sie eine lange postoperative Rehabilitation, und das Versagensrisiko ist bei älteren Patienten höher, insbesondere wenn degenerative Veränderungen vorliegen.
Rotatorenmanschetten-Reparatur
Die Rotatorenmanschette spielt eine zentrale Rolle bei der aktiven Stabilisierung der Schulter. Verletzungen in diesem Bereich, etwa durch Traumata oder degenerative Prozesse, können zu einer Instabilität führen. Die operative Behandlung erfolgt meist arthroskopisch, indem die gerissenen Sehnen am Humeruskopf refixiert werden.
Dieses Verfahren ermöglicht eine funktionelle Wiederherstellung und Linderung der Beschwerden. Allerdings besteht das Risiko, dass es bei älteren Patienten oder bei Patienten mit schlechter Gewebsqualität zu erneuten Rissen kommt. Zudem kann die postoperative Beweglichkeit der Schulter eingeschränkt sein.
Behandlung von knöchernen Läsionen
Knöcherne Defekte spielen insbesondere bei chronischer Schulterinstabilität eine entscheidende Rolle. Sie entstehen häufig infolge wiederholter Luxationen und erfordern spezifische operative Maßnahmen, um die Stabilität der Schulter wiederherzustellen.
Latarjet-Operation
Die Latarjet-Operation ist ein bewährtes Verfahren zur Behandlung von großen glenoidalen Defekten. Bei diesem Eingriff wird ein Stück des Coracoids, inklusive der daran befestigten Muskelsehnen, auf die Vorderseite des Glenoids transplantiert. Dies führt nicht nur zu einer Vergrößerung der Gelenkfläche, sondern erhöht auch die passive und dynamische Stabilität der Schulter.
Zu den Vorteilen der Latarjet-Operation gehört ihre hohe Effektivität bei Patienten mit signifikanten knöchernen Defekten. Die Methode weist zudem eine niedrige Rezidivrate auf und ist besonders bei Sportlern mit hohen Anforderungen beliebt. Allerdings birgt der Eingriff auch Risiken: Dazu gehören Nervenschäden, Infektionen sowie technische Herausforderungen, die eine erfahrene chirurgische Hand erfordern. Langfristig kann es außerdem zu biomechanischen Veränderungen kommen, die das Risiko einer Arthrose erhöhen.
Remplissage
Dieses Verfahren wird bei Hill-Sachs-Läsionen eingesetzt, einer Eindellung im Humeruskopf, die durch wiederholte Luxationen entsteht. Die Remplissage-Technik füllt die Läsion aus, indem die hintere Kapsel und die Infraspinatussehne in den Defekt genäht werden. Dadurch wird verhindert, dass der Defekt beim Bewegen des Arms im Glenoid einrastet.
Die Remplissage kann arthroskopisch durchgeführt werden und bietet eine effektive Stabilisierung der Schulter. Nachteilig ist jedoch, dass es bei Überkopfsportlern zu Einschränkungen in der Außenrotation kommen kann. Daher wird die Methode vor allem bei Patienten mit mittleren bis großen Hill-Sachs-Läsionen empfohlen.
Autologe und allogene Knochenblockverfahren
Bei sehr großen glenoidalen Defekten können Knochenblöcke aus der Beckenschaufel (autolog) oder von einem Spender (allogen) verwendet werden, um den Defekt auszugleichen. Ziel ist es, die ursprüngliche Form der Gelenkpfanne anatomisch wiederherzustellen.
Die Vorteile dieser Verfahren liegen in der präzisen Rekonstruktion des Gelenks, was besonders bei schweren Defekten wichtig ist. Allerdings sind die Eingriffe technisch anspruchsvoll und mit einer längeren Rehabilitationszeit verbunden. Zudem besteht das Risiko, dass der transplantierte Knochen resorbiert wird oder Pseudarthrosen entstehen.
Risiken und Komplikationen operativer Eingriffe
Wie bei jeder Operation bestehen auch bei Eingriffen zur Behandlung von Schulterinstabilitäten Risiken. Zu den häufigsten Komplikationen zählen Infektionen, Nervenschäden und postoperative Bewegungseinschränkungen. Besonders bei komplexen Verfahren wie der Latarjet-Operation oder Knochenblocktransplantationen ist die Erfahrung des Chirurgen entscheidend, um das Risiko von Komplikationen zu minimieren.
Langfristig kann es bei Patienten, die wiederholt Luxationen erlitten haben, zu einer Arthrose kommen. Dieses Risiko wird durch die Anzahl der Luxationen und den Grad der biomechanischen Veränderungen nach der Operation beeinflusst.
Fazit
Die operative Therapie von Schulterinstabilitäten bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, die individuell auf den Patienten und die Art der Verletzung abgestimmt werden können. Während minimalinvasive Verfahren wie die arthroskopische Bankart-Reparatur bei isolierten Weichteilverletzungen gute Ergebnisse liefern, sind aufwendigere Eingriffe wie die Latarjet-Operation oder Knochenblockverfahren bei knöchernen Defekten erforderlich. Eine sorgfältige Diagnostik und die Wahl der richtigen Methode sind entscheidend, um die Funktion und Stabilität der Schulter langfristig wiederherzustellen und das Risiko von Komplikationen zu minimieren.