Bei einer Schultergelenksprengung zerreißen die Kapsel und die Bänder des Schultereckgelenks. Das Gelenk zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt.
Die Schultereckgelenkverletzungen entsteht typischerweise durch einen direkten Sturz auf die Schulter. Häufigste Ursache sind Unfälle beim Sport. Sehr Häufig tritt die Verletzung beim Mountainbiken, Motocross, Ski- und Snowboard, Kampfsportarten und bei Fußball Tormännern auf.
Das Schultereckgelenk, auch Acromioclaviculargelenk genannt, ist die Verbindung des äußeren Endes des Schlüsselbeins (Clavicula) mit dem Schulterdach (Acromion) des Schulterblatts. Das Schultereckgelenk wird durch eine straffe Gelenkkapsel und einige Bänder stabilisiert. Bei einer Schultergelenksprengung werden die Kapsel und die Bänder des Schultereckgelenks gezerrt oder können sogar vollständig zerreißen.
Die Symptome der Schultereckgelenkverletzung
Nach einem Sturz auf die Schulter hat der Betroffene bei einer Schultergelenksprengung sofort Schmerzen in der Schulter und insbesondere über dem Schultereckgelenk. Diese verstärken sich, wenn der Arm bewegt wird. Meist wird der Arm deshalb in einer typischen Schonhaltung am Körper gehalten. Bei einer Schultergelenksprengung mit Riss der Haltebänder am Gelenk kommt es typischerweise zu einem Hochstand des äußeren Endes des Schlüsselbeins.
Wie kommt der Arzt zu der Diagnose Schultereckgelenksprengung
Die Diagnose der Schultergelenksprengung kann oftmals bereits anhand der körperlichen Untersuchung und genauen Befragung gestellt werden. Meist findet sich eine Schwellung und ein exakt lokalisierbarer Druckschmerz über dem Schultereckgelenk.
Wenn die Bänder teilweise oder vollständig zerrissen sind, liegt eine Fehlstellung des äußeren Schlüsselbeins vor. Dadurch wölbt sich die Haut in diesem Bereich der Schulter nach oben vor. Das nach oben verschobene Schlüsselbein lässt sich durch Druck nach unten bewegen. Der Arzt spricht bei diesem Phänomen von dem sogenannten Klaviertastenphänomen.
Zur sicheren Diagnosestellung und Ausschluss weiterer Verletzungen gehört auch eine Röntgenuntersuchung des Schultergelenks. Bei unklaren Befunden können darüber hinaus Funktionsaufnahmen im Seitenvergleich beider Gelenke angefertigt werden. Der Betroffene hält dabei im Stehen in jeder Hand ein schweres Gewicht. Dann werden beide Schultergelenke geröntgt. Durch den Seitenvergleich des hochstehenden Schlüsselbeins kann der Schweregrad der Verletzung abgeschätzt werden.
Die Schultergelenksprengung wird in unterschiedliche Schweregrade eingeteilt. Derzeit gängige Einteilungen sind die Klassifikation nach Tossy und die etwas Neuere nach Rockwood.
Die Klassifikation nach Tossy und Rockwood
Die Tossy Einteilung hat 3 Grade und die Rockwood Klassifikation 6 Grade wobei die ersten drei Grade bei beiden Klassifikationen identisch sind
- Grad I: Die Bänder sind eingerissen, ohne dass sich die Gelenkteile gegeneinander verschieben.
- Grad II: Die Bänder der Gelenkkapsel sind teilweise zerrissen und die Gelenkanteile leicht verschoben.
- Grad III: Alle Bänder des Schultereckgelenks sind zerrissen. Das äußere Ende des Schlüsselbeins steht um bis ca. Schaftbreite (1 - 1,5 cm) nach oben
Bei der Einteilung nach Rockwood werden mit den Verletzungsgraden IV-VI Spezialformen der vollständigen Bandzerreißung unterschieden. Es wird zusätzlich unterschieden wohin das äußere Ende des Schlüsselbeins verschoben ist bzw. wie erheblich diese Verschiebund ist.
- Grad IV: Alle Bänder des Schultereckgelenks sind zerrissen. Das äußere Ende des Schlüsselbeins ist nach hinten verschoben..
- Grad V: Alle Bänder des Schultereckgelenks sind zerrissen. Das äußere Ende des Schlüsselbeins steht um mehr als Schaftbreite (> 1,5cm)
- Grad VI: Alle Bänder des Schultereckgelenks sind zerrissen. Das äußere Ende des Schlüsselbeins steht in einer Luxationsstellung und klemmt unter dem Coracoid.
Die Therapie
Je nach Schweregrad wird die verletzte Schulter unterschiedlich behandelt.
Die Tossy I und II Verletzung (Rockwood 1 und II) mit Zerrung bzw. nur teilweisem Riss der Bänder wird konservativ, das heißt ohne Operation behandelt. Das Schultergelenk wird kurzfristig ruhig gestellt und das Gelenk gekühlt. Bei leichtem Hochstand des Schlüsselbeins kann auch ein spezieller Verband oder eine Bandage zur Entlastung des Gelenkes angelegt werden. Anschließend erfolgt eine Krankengymnastik.
Bei der Verletzung nach Tossy III wird es kompliziert. Denn ein Tossy III ist nicht gleich einem Tossy III, will heißen: Für die Entscheidung- konservative oder operative Therapie muss die Tossy Klassifikation verlassen werden und die genauere Einteilung nach Rockwood verwandt werden.
Früher wurde bei einer Rockwood III Verletzung, bei der bereits eine vollständige Sprengung mit Zerreissung der Bänder vorliegt immer operiert. Neue Studien zeigen aber, dass die Operation nicht immer ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt. Tatsächlich ist es so, dass bei Analyse der Beschwerden, Funktionfähigkeit und Zufriedenheit der Patienten fast alle Studien keinen Unterschied zwichen operierten zu den konservtiv behandelten Patienten feststellten.
Die Verletzung nach Rockwood IV beschreibt einen Sonderfall, bei dem vor allem eine horizontale Instabilität im Schultereckgelenk besteht. Das Schulterblatt kippt nach vorne weg. Auch diese Verletzung lässt sich konservativ behandeln. Ziel der Behandlung ist eine muskuläre Stabilisation des Schulterblattes. Hierdurch wird verhindert, dass das Schulterblatt nach vorne kippen kann.
Die Therapie der vollständigen Sprengung des Schultergelenks Typ Rockwood V mit komplett zerrissenen Bändern erfolgt in aller Regel operativ. Nur durch die Operation kann die korrekte Anatomie des Gelenks wiederhergestellt werden. Da bei diesen Patienten nicht nur Kapsel und Bänder zerrisen sind sondern auch die sogenannte deltotrapezoidale Faszie kommt es zu einer ganz erheblichen Instabilität. Die Schulter mit dem Schulterblatt kippt stark nach vorne und das Schlüsselbein steht erheblich nach oben. Durch Zug am Arm lässt sich dieser Effekt meist deutlich verstärken. In diesen Fällen ist eine operative Behanhdlung oft vielversprechender als eine konservative Therapie.
Bei der Operation einer Schultergelenksprengung werden die zerrissenen Bänder genäht und das Schultergelenk vorübergehend geschient. Der Unterschied der diversen Operationsmethoden liegt in dieser Schienung. Sie kann mit Schrauben, Platten, Drähten oder auch mit speziallen Fadensystemen erfolgen. Jedes System hat seine vor bzw. Nachteile. Da Drähte oft brechen, werden diese heute nurnoch selten eingesetzt. Bei den Plattensystemen hat sich die sogenannte Hakenplatte etabliert. Hier wird auf das äußere Ende des Schlüsselbeines eine Platte aufgeschraubt. Die Platte hat einen Haken mit dem sie sich unter dem Acromion "einhakt" hierdurch wird verhindert, dass das äußere Ende des Schlüsselbeins nach oben gehen kann. Der große NAchteil des Verfahren ist, dass die Patienten den Arm über 3-4 Monate nicht über die Horizontale hinaus heben können und die Platte operativ entfernt werden muss.
Alternativ zu der Hakenplatte haben sich spezielle Fadensysteme ebenfalls etabliert. Die Operation ist sicher etwas schwieriger als der Einbau einer Hakenplatte, aber in der Hand eines erfahrenen Operateurs sind die Ergebnisse hervorragend. Bei diesem Verfahren wird mit Hilfe eines Zielinstrumentariums eine Bohrung von der Oberseite des Schlüsselbeins bis in den darunter liegenden Knochenvortsatz des Schulterblattes gebohrt.
Nachfolgend wird eine Art Flaschenzugmechanismus aus Faden hindurchgezogen. Die Fäden werden oben und unten durch kleine Metallknöpfe gehalten. Am Ende der Operation sind nur noch diese Metallknöpfe auf dem Röntgenbild sichtbar. Der große Vorteil dieser Operatin liegt darin, dass der Eingriff arthroskopisch erfolgen kann und die Schulter nicht aufgenschitten werden muss. Des Weiteren ist eine Metallentfernung nicht notwendig.
Für die Dauer von sechs Wochen, bis zur Heilung der Bänder und der Kapsel, wird das Gelenk meist mit einem sogenannt Shoulder-immobilizer ruhig gestellt. Danach wird das Gelenk allmählich mobilisiert und die Muskulatur mithilfe von Krankengymnastik gekräftigt. Sollte eine Hakenplatte eingebaut worden sein muss diese oftmals erfolgt nach 3 - 4 Monaten durch eine zweite Operation entfernt werden.
Kann ich wieder Sport betreiben?
Die Schultergelenkverletzung ist eine relativ gutartige Verletzung. Nach der Ausheilung haben mehr als 90 Prozent der Betroffenen keine Beschwerden im Alltag und beim Sport. Bei einem kleinen Teil der Betroffenen, insbesondere nach Verletzungen Grad II und Grad III können jedoch Schmerzen oder eine chronische Gelenksinstabilität zurückbleiben. Der Arm ist dann in seiner Funktion eingeschränkt.
Seltene Spätfolge nach einer Schultergelenksprengung ist ein vorzeitiger Verschleiß des Gelenkes, die Schultereckgelenkarthrose