Die Patellainstabilität ist eine häufige orthopädische Herausforderung, die sowohl junge als auch ältere Patienten betreffen kann. Sie entsteht durch eine unzureichende Führung der Kniescheibe (Patella) im Gleitlager des Oberschenkelknochens, der sogenannten Trochlea. Dabei kann die Patella aus ihrer Position herausrutschen, was häufig mit Schmerzen, Schwellungen und einer eingeschränkten Beweglichkeit einhergeht. Besonders belastend für Betroffene sind wiederholte Luxationen, bei denen die Kniescheibe meist nach außen (lateral) springt, und die langfristig zu dauerhaften Knorpelschäden und Arthrose führen können.
Die Patella spielt eine zentrale Rolle für die Biomechanik des Knies. Als größtes Sesambein im menschlichen Körper wirkt sie wie ein Hebel, der die Kraft des Quadrizepsmuskels auf die Streckbewegung des Beins überträgt. Ihre Stabilität ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus knöchernen Strukturen, Weichteilen wie Bändern und Muskeln sowie der Dynamik der gesamten Beinachse. Eine Störung in einem dieser Bereiche kann die Stabilität der Patella beeinträchtigen.
Ursachen und Mechanismen der Instabilität
Die Ursachen der Patellainstabilität sind vielfältig und oft multifaktoriell. Eine wichtige Rolle spielt die Anatomie des Kniegelenks. Eine flache oder schlecht ausgeprägte Trochlea, die normalerweise wie ein Führungskanal für die Kniescheibe funktioniert, kann dazu führen, dass die Patella leichter aus ihrer Position gleitet. Ebenso kann eine Patella alta, also eine zu hoch stehende Kniescheibe, das Risiko für Instabilität erhöhen. Beide Veränderungen begünstigen, dass die Kniescheibe vor allem bei starker Beugung des Knies nicht mehr optimal in der Trochlea gehalten wird.
Auch die Weichteile um das Knie beeinflussen die Stabilität der Patella. Insbesondere das mediale patellofemorale Ligament (MPFL), das die Kniescheibe nach innen stabilisiert, ist oft betroffen. Bei einer Luxation wird dieses Band häufig gedehnt oder reißt, was die Stabilität weiter verringert und das Risiko für erneute Luxationen erhöht. Zusätzlich können muskuläre Dysbalancen, wie eine Schwäche des Quadrizepsmuskels oder ein dominanter Zug des äußeren Muskelanteils, zu einer Verschiebung der Patella nach außen beitragen.
Symptome und Langzeitfolgen
Die erste Luxation der Patella tritt häufig im Zusammenhang mit einer plötzlichen Belastung oder einem Trauma auf, etwa bei einem Sturz oder einer abrupten Richtungsänderung im Sport. Typisch ist ein plötzliches Herausspringen der Kniescheibe, begleitet von Schmerzen und einer sichtbaren Fehlstellung. Oft ist das Knie stark geschwollen, da es zu einer Einblutung in das Gelenk kommen kann.
Wiederholte Luxationen oder Subluxationen, bei denen die Patella nur teilweise aus der Trochlea herausrutscht, führen langfristig zu Schäden am Gelenkknorpel. Die ständigen Mikrotraumata können Arthrose im Patellofemoralgelenk verursachen, die mit Schmerzen, Steifigkeit und einer eingeschränkten Beweglichkeit einhergeht. Diese chronischen Veränderungen beeinträchtigen nicht nur den Alltag, sondern auch die Fähigkeit, sportlichen Aktivitäten nachzugehen.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnostik der Patellainstabilität beginnt mit einer gründlichen Anamnese, bei der vor allem nach früheren Luxationen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen gefragt wird. Die klinische Untersuchung ist essenziell, um Faktoren wie die Beweglichkeit, die Beinachse und die Stabilität der Bänder zu beurteilen. Tests wie der „Apprehension-Test“, bei dem der Untersucher die Kniescheibe vorsichtig nach außen schiebt, können das Gefühl der Unsicherheit und die Angst des Patienten vor einer erneuten Luxation aufzeigen.
Bildgebende Verfahren spielen eine zentrale Rolle in der Diagnostik. Röntgenaufnahmen des Knies in verschiedenen Ebenen ermöglichen die Beurteilung der knöchernen Strukturen und können Fehlstellungen wie eine Patella alta oder eine flache Trochlea sichtbar machen. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) ist besonders nützlich, um Weichteilschäden wie Risse des MPFL oder Knorpelschäden zu diagnostizieren. In komplexen Fällen kann eine Computertomographie (CT) mit 3D-Rekonstruktion helfen, die genaue Anatomie und eventuelle Knochendefekte besser zu analysieren.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie der Patellainstabilität hängt von der Schwere der Instabilität und den zugrunde liegenden Ursachen ab. Nach der ersten Luxation kann häufig eine konservative Behandlung durchgeführt werden. Diese umfasst Physiotherapie zur Kräftigung der stabilisierenden Muskulatur, insbesondere des Quadrizeps, sowie die Anwendung von Orthesen oder Tapes, um die Patella zu stabilisieren. Begleitend können entzündungshemmende Medikamente und Kühlung die Schmerzen und Schwellungen lindern.
Wenn es trotz konservativer Maßnahmen zu wiederholten Luxationen kommt, ist oft eine operative Therapie notwendig. Das Ziel der Operation ist es, die Stabilität der Patella dauerhaft wiederherzustellen und weitere Schäden am Knie zu verhindern. Eine häufig durchgeführte Methode ist die Rekonstruktion des MPFL, bei der eine Sehne als Transplantat verwendet wird, um die Funktion des beschädigten Bandes zu ersetzen. Bei ausgeprägten knöchernen Fehlstellungen kann zusätzlich eine Trochleaplastik durchgeführt werden, bei der die Trochlea vertieft wird, um der Patella besseren Halt zu geben. Eine weitere Option ist die Versetzung der Tuberositas tibiae, um die Zugrichtung der Patella zu verändern.
Nachbehandlung und Langzeitaussichten
Nach einer Operation ist eine strukturierte Nachbehandlung entscheidend für den Behandlungserfolg. In den ersten Wochen wird das Knie meist durch eine Orthese geschützt, die eine kontrollierte Mobilisierung erlaubt. Parallel dazu beginnt die Physiotherapie, die schrittweise die Beweglichkeit und die Muskelkraft wiederherstellt. Die vollständige Rückkehr zu sportlichen Aktivitäten ist in der Regel nach etwa sechs bis zwölf Monaten möglich.
Langfristig können viele Patienten durch eine konsequente Therapie eine stabile und schmerzfreie Kniegelenksfunktion erreichen. Insbesondere bei frühzeitiger Behandlung und einer individuell angepassten Therapie ist die Prognose günstig. Dennoch bleibt die Vermeidung erneuter Luxationen ein zentrales Ziel, da wiederholte Verletzungen die Entwicklung von Arthrose fördern können.
Die Patellainstabilität erfordert eine sorgfältige Diagnostik und eine individuell angepasste Therapie, um langfristige Schäden zu vermeiden. Mit modernen konservativen und operativen Behandlungsmethoden stehen heute effektive Möglichkeiten zur Verfügung, die Stabilität der Patella wiederherzustellen und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich zu verbessern.