Rotatorenmanschettenriss: Warum die Operation oft die beste Wahl ist – nach der neuen S2k-Leitlinie vom 31.03.2025

Ein Riss der Rotatorenmanschette bedeutet: Eine oder mehrere Sehnen der Schulter sind teilweise oder vollständig durchtrennt – am häufigsten die Supraspinatus-, seltener die Subscapularis-, Infraspinatus- oder Teres-minor-Sehne. Die aktuelle, Ende März 2025 neu veröffentlichte S2k-Leitlinie „Rotatorenmanschettenruptur" (AWMF-Registernr. 187-055) beschreibt sehr klar, wann operiert werden sollte und warum der Zeitpunkt entscheidend ist. Sie fasst den heutigen wissenschaftlich gesicherten Wissensstand zusammen – mit starken Empfehlungen und hohem Konsens.

Unsere Grundhaltung vorweg: Wir sind ein Zentrum für arthroskopische Schulterchirurgie in Deutschland. Mit rund 400–500 Schulterarthroskopien pro Jahr verfügen wir über eine hohe Routine – von der genauen Bildgebung über die arthroskopische Rekonstruktion bis zur strukturierten Nachbehandlung. Dieses Zusammenspiel aus Erfahrung und standardisierten Abläufen ist ein wesentlicher Faktor für vorhersehbare Ergebnisse und eine zügige Erholung.

Warum wir die Operation häufig empfehlen
Die Leitlinie stellt klar: Bei symptomatischen Rotatorenmanschettenrissen – insbesondere nach Trauma, bei Funktionseinbußen, Kraftverlust und anhaltenden Schmerzen trotz Therapie – ist die Operation oft der effektivste Weg zurück zu Alltag, Beruf und Sport. Die Indikation hängt von Beschwerden, Rupturmorphologie (Retraktion, fettige Infiltration, Muskelatrophie), Aktivitätsniveau und Mitwirkung in der Nachbehandlung ab. Genau diese Faktoren erfassen wir konsequent per Ultraschall/MRT und in der klinischen Untersuchung.

Besonders deutlich ist die Empfehlung bei akuten Rupturenvor allem der Subscapularissehne: zeitnah operieren. Wird hier gewartet, drohen Sehnenretraktion, fettige Degeneration und Muskelatrophie; je später, desto schwieriger (und mitunter unmöglich) wird eine anatomische Rekonstruktion. Früh zu operieren bietet die beste Chance auf eine heilende Sehne-zu-Knochen-Einheilung und stabile Funktion.

Was passiert, wenn man nicht (oder zu spät) operiert?

Unbehandelte oder stark verzögert operierte Risse können größer werden, die Sehne zieht sich zurück, der Muskel verfettet und baut ab; der Humeruskopf wandert kranial – mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen bis zur Pseudoparese. Späte Rekonstruktionen werden dadurch technisch schwieriger, die Sehne lässt sich nicht mehr spannungsfrei anheften, und die Chance auf dauerhafte Heilung sinkt. Die Leitlinie begründet deshalb ausdrücklich die frühe Rekonstruktion akuter Läsionen, um genau diese Spirale zu vermeiden.

Auch zur konservativen Therapie ist die Leitlinie eindeutig: Physiotherapie und entzündungshemmende Medikamente können Symptome lindern; Kortisoninfiltrationen helfen kurzfristig, können aber die Sehnenqualität langfristig schwächen – ein weiterer Grund, die operative Lösung bei strukturellen Rissen nicht unnötig hinauszuzögern, wenn die Beschwerden fortbestehen.

Differenzierte Indikation – je nach betroffener Sehne

Bei der Supraspinatussehne (häufigster Riss) empfehlen wir die Operation, wenn Schmerzen, Kraft-/Funktionsverlust und die MRT-Morphologie (Retraktion, Goutallier-Grad) dafür sprechen – insbesondere bei aktiven Patientinnen und Patienten. Ziel ist stets die Sehne-zu-Knochen-Heilung, weil nachgewiesen ist, dass die Funktion dann besser ausfällt.

Die Subscapularissehne verdient besondere Aufmerksamkeit: Isoliert ist sie selten, häufig besteht eine Begleitverletzung der langen Bizepssehne und/oder anderer Manschettenanteile. Bei akuter Subscapularisruptur lautet die Leitlinienempfehlung: zeitnahe Rekonstruktion – sie verhindert Retraktion und Atrophie und verbessert die Heilungschancen. Über die Begleitbehandlung der Bizepssehne (Tenodese vs. Tenotomie) entscheidet man abhängig von Alter, Anspruch und Befund.

Risse von Infraspinatus und Teres minor treten oft zusammen mit Supraspinatusläsionen auf (posterosuperiore Defekte). Hier gilt das gleiche Prinzip: Persistierende Symptome, relevante Retraktion/Atrophie oder Funktionsdefizite sprechen für die Rekonstruktion; je früher und spannungsfreier, desto besser die strukturellen und funktionellen Aussichten.

Asymptomatische Risse sind eine Ausnahme: Hier soll laut Leitlinie nicht operiert werden; wir beobachten klinisch und bildgebend – und handeln, sobald Beschwerden, Funktionsverlust oder Progression auftreten.

Warum arthroskopisch – und warum bei uns?

Die Leitlinie sieht gleich gute klinische Langzeitergebnisse für offen, mini-offen und arthroskopisch – aber: arthroskopisch ist die Komplikationsrate signifikant niedriger und die frühen Schmerzen sind geringer. Dazu kommt der Schutz des Deltamuskels, ein geringeres Zugangstrauma und eine oft schnellere Frühreha. Wir operieren standardisiert voll arthroskopisch mit Fadenankertechnik – das empfohlene Standardverfahren –, und wir streben stets eine spannungsfreie Sehnen-zu-Knochen-Anheilung an.

Nach der OP: planbar, sicher, zielgerichtet

Die Orthesen- und Ruhigstellungszeit richtet sich nach Stabilität und Nahttechnik (meist 3–6 Wochen). Eine frühe, kontrollierte Mobilisation ist erlaubt und sicher – zu aggressive Frühbelastung erhöht dagegen die Re-Rupturrate. Begleitend setzen wir auf manuelle Therapie, strukturierte Trainingstherapie und – in der Frühphase – auf bewährte Maßnahmen wie Kryotherapie; all das ist so in der Leitlinie abgebildet.

Fazit für Patientinnen und Patienten

Wer Schmerzen, Kraftverlust oder Funktionsdefizite durch einen Rotatorenmanschettenriss hat, profitiert in vielen Fällen von der frühzeitigen, arthroskopischen Rekonstruktion. Sie reduziert das Risiko, dass die Sehne unwiederbringlich zurückzieht, der Muskel verfettet und die Schulter dauerhaft geschwächt bleibt. Die neue S2k-Leitlinie (Version 3.0, 31.03.2025) stützt dieses Vorgehen mit klaren Empfehlungen – besonders bei akuten Rupturen und Subscapularisläsionen. Wir beraten Sie individuell, erklären Befunde verständlich und planen den für Sie passenden Zeitpunkt der OP – mit der Erfahrung aus 400–500 Schulterarthroskopien pro Jahr und einem Rehaplan, der Sie zielstrebig zurück in Alltag, Beruf und Sport führt. 

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